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Bild von KamranAydinov auf Freepik

Vom Regen in die Traufe: Wird China das nächste Russland?

Deutschlands Abhängigkeit von russischem Gas wurde vielerorts kritisiert. Wie verhält es sich mit den viel abstrakteren Verbindungen zum Reich der Mitte? Und was machen Deutschland und die EU, wenn China tatsächlich in Taiwan einmarschieren sollte?

Nord Stream 2 ist gestoppt, Nord Stream 1 eingefroren, beide mittlerweile durch Sabotage zerstört. Die angeblich so privatwirtschaftlich ausgelegten Energieverbindungen mit der Russischen Föderation sind seit dem Überfall auf die Ukraine ein immer größeres Politikum geworden. Gerade die SPD muss sich anhören lassen, in den Jahrzehnten zuvor zu Putin-nah agiert zu haben – was die wirtschaftsopportunistische CDU (besonders unter der Kanzlerschaft Merkels) und FDP (zwischen 2009 und 2013 in schwarz-gelber Koalition) keineswegs aus der Verantwortung nimmt.

Dabei wird die Politik sich vermutlich in wenigen Jahrzehnten ganz andere Fragen gefallen lassen müssen, was strategische Verbindungen zu diktatorischen Staaten anbelangen.
Und zwar in der Frage Chinas.

Um dem Thema im Rahmen eines Artikels überhaupt begegnen zu können, muss eine internationale Einordnung erfolgen: Denn Chinas wirtschaftlicher Einfluss hat geopolitische Dimensionen, gerade in Bezug auf den Expansionsgedanken der Kommunistischen Partei (KP) im Südchinesischen Meer. Der Taiwan-Konflikt ist hier nur ein Teil eines Komplexes an Einflussnahmen in der südostasiatischen Region, die unmittelbare Folgen für den Welthandel haben werden.

China und Taiwan haben jahrzehntelang im Zuge der ‚Ein-China-Politik‘ eine Co-Existenz geführt, die immer wieder von Provokationen seitens Festlandchinas geprägt war. Nicht nur sind die historische Trennung seit 1949 ein Störfaktor für die Regierung in Peking, auch politisch ist Taiwan mit seiner Demokratie weit vom Kurs der KP entfernt. Dazu befinden sich einige der weltweit wichtigsten Technologiestandorte für Halbleiter auf Taiwan, auch das spielt eine Rolle.
Chinas Kurs ist unter Xi Jinping radikaler geworden, eine Wiederangliederung Taiwans an die Volksrepublik soll bis 2049 erfolgen. Das heißt im Klartext Annexion. Auch wenn die meisten Länder dieser Welt Taiwan gar nicht als eigenen Staat anerkennen – nicht mal die USA unterhalten diplomatische Beziehungen – würde solch ein Schritt doch einen gigantischen internationalen Konflikt erzeugen. Taiwan ist zu wichtig.

Allerdings dürften die Zugeständnisse der USA an Taiwan (sowie die Philippinen und andere Anrainerstaaten), hier regulierend einzugreifen, vorerst Lippenbekenntnisse bleiben, wenn es darum gehen sollte, China tatsächlich einmal militärisch in den dortigen Gewässern begegnen zu müssen. Denn China besitzt mittlerweile die größte Seemacht der Welt. Während die USA ihre Kriege in den letzten Jahrzehnten ausschließlich auf dem Festland austrugen, wuchs die chinesische Marine weiter und weiter.
Der Einfluss Chinas wurde jedoch im Juni 2019 bis Australien spürbar, als drei chinesische Militärschiffe in den Hafen von Sydney einfuhren und dort für gehörige Verwirrung sorgten. Zwar wurde anschließend nur gehandelt und die Ankunft der Schiffe war der australischen Regierung bekannt, jedoch wurde dies vorab nicht öffentlich gemacht. Eine Machtdemonstration von chinesischer Seite, die sich Einmischung im Südchinesischen Meer verbittet. Die USA, Australien und Großbritannien schlossen 2021 ein strategisches Bündnis namens Aukus, dass es Australien erstmals in der Geschichte ermöglichen wird, atomar betriebene U-Boote mit amerikanischer Technologie zu bauen. Die Zeichen stehen auf Eskalation.

Taiwan ist neben seiner Vorreiterrolle in Halbleiter- und anderen Technologien aber auch geopolitisch für die Amerikaner wichtig: Die Insel ist der Schlüssel für die militärische Präsenz der USA im asiatisch-pazifischen Raum, mit weiteren Stützpunkten in Japan, Süd-Korea und auf den Philippinen.
Die Anwesenheit der Amerikaner in der Region ist China aber ein Dorn im Auge, das Land fühlt sich eingekesselt und vom offenen Pazifik abgeschlossen. Auch und besonders deswegen versucht China, kleinere Inselgruppen wie die Paracel-Inseln und die Spratly-Inseln unter eigene Kontrolle zu bringen. Durch diese Inselgruppen führen einige der wichtigsten Seehandelswege der Welt: Wer sie kontrolliert, kontrolliert weite Teile des internationalen Güterverkehrs.
China hat hierzu die sogenannte ‚Neun-Striche-Linie‘ eingeführt, ein beabsichtigter Einflussbereich, der sich über weite Teile des Südchinesischen Meeres erstreckt und der auf historische ethnische und kulturelle Begebenheiten zurückzuführen sein soll – zumindest nach chinesischer Sichtweise. Gelänge dieser Bereich tatsächlich unter rein chinesische Kontrolle, wäre nicht nur der Welthandel betroffen. China würde auch die Nahrungsmittelversorgung besonders in Vietnam und auf den Philippinen massiv beeinflussen, da diese Staaten praktisch keine eigenen Fischereigewässer mehr besäßen. Sie würden direkt abhängig von der chinesischen Fischindustrie, die jetzt schon regelmäßig in vietnamesischen und philippinischen Hoheitsgewässern wildert. Auf einigen der Inseln im Südchinesischen Meer richtet China mittlerweile auch Militärbasen ein, ein weiterer Schritt zur Vorherrschaft in der Region.

Man mag es drehen und wenden, wie man will: China will, kann und wird in absehbarer Zeit seinen Einfluss in den Regionen des Pazifiks weiter ausbauen. Dies wird massive Auswirkungen auf die politische Stabilität in der Region haben, aber auch den Welthandel beeinflussen.

Taiwan ist weit weg, und China und die USA sind sich seit Jahren in der Taiwan-Frage spinnefeind. Was hat das aber mit uns hier in Europa zu tun? Zum einen könnte ein militärischer Konflikt zwischen den beiden Supermächten weitere Staaten (z.B. NATO-Mitglieder) mit in einem Krieg ziehen. Zum anderen erzeugt die Situation aber auch einen massiven innenpolitischen Druck – auch und besonders innerhalb der EU.

Teile der Neuen Seidenstraße berühren Europa bereits seit Jahren, seien es die italienischen Mittelmeerhäfen in Genua und Triest, der belgische Frachtflughafen in Lüttich oder eben auch den größten europäischen Binnenhafen in Duisburg. Der Teilverkauf des Hamburger Containerhafens Tollerort ist nur das jüngste Beispiel des Ausbaus dieses größten Infrastrukturprojekts unserer Gegenwart. Im Gegensatz zu den italienischen Häfen hat Deutschland sich auf reine Investitionszusagen beschränkt, hier haben die chinesischen Reedereien wie Cosco kein Mitspracherecht bei Personalfragen oder Arbeitnehmerrechten. Italien konnte sich wegen der miserablen wirtschaftlichen Lage des Landes solche Reglementierungen nicht leisten – Gewerkschaften erwarten dort massive Konflikte aufgrund chinesischer Einflussnahme in die Arbeitnehmerrechte. Wie solche Arbeitnehmerrechte in der Vorstellung der KP aussehen können, hat man unter anderem durch die jüngsten Fluchtversuche Tausender Arbeiter aus chinesischen Foxconn-Werken mitbekommen dürfen.

Deutschlands Endpunkte der Seidenstraße sind ein wirtschaftlich wichtiger Faktor für Zentral-Europa. Ein Drittel aller Konsumgüter, die per Zug aus China kommen, werden in Duisburg umgeschlagen. Auch hier ist China mit Investitionen beteiligt. Die Bundesrepublik ist Chinas Handelspartner Nummer Eins in Europa, umgekehrt ist China der wichtigste Absatzmarkt in Asien.
Das Dilemma dabei ist, dass sich die EU wie die Weltgemeinschaft ein aufgrund  solcher wirtschaftlicher Beziehungen befangenes Deutschland eigentlich gar nicht leisten kann, wenn es um heikle geopolitische Fragen wie territoriale Souveränität bei Taiwan und anderen Gebieten gehen sollte. Aber die Gegenfrage wird hier sein: Was ist die Alternative? Solang europäische Kunden chinesische Produkte konsumieren wollen und europäische Hersteller chinesische Technologieprodukte zur Weiterverarbeitung benötigen, wird diese Befangenheit die EU (und damit im Prinzip auch die NATO) auf Dauer in ihrer Handlungs- und Entscheidungsfreiheit einschränken. China zensierte im November 2022 eine Rede des EU-Ratspräsidenten Charles Michel bei einer Handelsmesse in Shanghai – weil dieser in seiner Rede Kritik an Russlands Krieg gegen die Ukraine äußerte. Es gab keine Folgen.

Was mag China dann tun, wenn es um „innere Angelegenheiten“ geht, in die sich ja bekanntlich niemand einmischen darf? Taiwan wird als eine solch innere Angelegenheit angesehen. Dazu ist Taiwan viel weiter weg als die Ukraine, die kulturellen und historischen Verbindungen mit dem Inselstaat sind in Europa weit weniger ausgeprägt. Auch auf emotionaler Ebene werden Teile der Gesellschaft hier also mit großer Wahrscheinlichkeit argumentieren, warum der Konflikt in Fernost von Wichtigkeit sein sollte. Was wird also passieren, wenn China seine Vormachtstellung auf den Seewegen der Region festigt? Wenn es tatsächlich Taiwan überfällt, einnimmt und sich jegliche Einmischung verbittet? Im Zweifelsfall knipst Peking als Druckmittel einfach die Handelswege im Pazifik und Indischen Ozean aus. Werden die Menschen in Europa dann für den Frieden weniger Smartphones, Spielzeuge, Autos, Textilien oder Medizinprodukte kaufen? Oder werden Politik und Wirtschaft, die Gesellschaft an sich einknicken vor einem solchen Berg an Luxuseinbußen? Spätestens wenn es um Mobilität und Gesundheit geht, wird das Druckmittel vermutlich funktionieren.

Der Titel dieses Artikels ist also leider eine rhetorische Frage, denn sie beantwortet sich selbst. Mit dem Unterschied, dass es in diesem Fall wirklich zu einem weltweiten ‚Knall‘ kommen wird.

Andreas Klöpping

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