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Quelle: Kenny Holston/The New York Times/AP/dpa

Das Gesicht von Kamala Harris

Die Amtseinführung vom neuen alten US-Präsidenten Donald J. Trump verfolgten die Amtsvorgänger mit teils versteinerten Mienen. Während Bush, Obama und Clinton sich in hinteren Reihen verstecken konnten, mussten Joe Biden und seine Vize Kamala Harris ganz vorn beiwohnen. Ihre Gesichter sprachen dabei Bände.

Das Wetter in Washington war so frostig, dass die Amtseinführung des 47. US-Präsidenten Donald J. Trump in der Rotunde des Kapitols stattfand – jenem Ort, der am 6. Januar 2021 von einem Mob gestürmt wurde, um die damals von Trump proklamierte ‚gestohlene Wahl‘ rückgängig zu machen. Dieser Umsturzversuch scheiterte und endete in fünf Todesopfern und Hunderten Verletzten. Vier Jahre später hat Trump seine Rückkehr ins Weiße Haus politisch demokratisch erwirken können – soweit man bei dem rückwärtsgewandten, politisch und demographisch unfairen Wahlsystem überhaupt von demokratisch sprechen kann.
Doch da steht er nun, der neue alte Präsident und hält eine Rede, die zwar inhaltlich angeblich bereits abgemildert worden sein soll, aber dennoch nach Oligarchie, Faschismus und Neo-Imperialismus klingt. Und den demokratischeren Teilnehmern im Saal versteinern buchstäblich die Gesichter.

Trumps Rede zum neuen „goldenen Zeitalter“ der USA beginnt mit der Anklage der Vorgängerregierung: Dass ein korruptes und unfaires Regime nun sein Ende gefunden habe, dass politische Verfolgung durch die Regierung nun vorbei sei und dass Freiheit und Meinungsäußerung wieder Einzug in den politischen Alltag erhalten sollten. Die Rede setzt sich fort mit allerlei indirekten Drohungen und offenen Versprechen, die sich ein wenig anhören wie eine Mischung aus John Wayne und Reichstagsrede. Trump wiederholt seinen „Drill, Baby, drill“- Slogan und ruft bezüglich der Energie’krise‘ und der Migrationsthematik gleich mehrere nationale Notstände im Land aus. Seine imperialistischen Vorstellungen präsentiert er ebenso vor der Weltöffentlichkeit: Zwar lässt er Grönland und Kanada unerwähnt, schwadroniert aber offen über eine potenzielle militärische Besetzung Panamas, um die Kontrolle über den Frachtschiff-Kanal zurück in US-amerikanische Hände zu geben. Sollte Vladimir Putin gerade zusehen, dürfte dieser herzlich lachen und schon mal einen Haken hinter die nächsten Expansionspläne machen. Trump bezeichnet sich weiterhin als den Präsidenten, der in der 250-jährigen Geschichte der USA mehr geprüft worden sei als alle anderen – was wohl Präsidenten wie Abraham Lincoln (Bürgerkrieg und eigene Ermordung), John F. Kennedy (Kuba-Krise, beginnender Vietnam-Krieg und eigene Ermordung) oder Harry S. Truman (2. Weltkrieg, Atombombenabwurf, McCarthy-Ära und Koreakrieg) dazu sagen würden?
Und während seine Anhänger bei seinen Ausführungen über die wiederkehrende Größe der USA Standing Ovations geben, dreht sich Kamala Harris vermutlich gerade der Magen um. An der Stelle, als Trump darüber spricht, den Golf von Mexiko in Golf von Amerika umzubenennen, kann sich dann unter anderem Hillary Clinton ein Lachen nicht verkneifen. Es wirkt verzweifelt.

Tatsächlich ist diese Rede neben Trumps erratischer, verschwörerischer und polemischer Art so voller bedenklicher Äußerungen, dass jede einzelne einen eigenen Artikel wert wäre. Von daher soll hier nur in einigen Bullet Points aufgezeigt werden, was der US-Präsident in seiner Rede unter anderem angekündigt hat:

  • die sämtliche Rücknahme aller energiepolitischen Dekrete der Regierung Biden sowie die Rücknahme der Subvention für Elektroautos
  • weitere Steuererleichterung für US-Bürger und erhöhte Zölle auf ausländische Produkte
  • Ausrufung des Nationalen Notstandes an der Südgrenze der USA und Entsendung von Bundesmilitär zur Abwehr einer „katastrophalen Invasion“
  • Anspruch auf den Panama-Kanal und das Versprechen, diesen „zurückzuholen“
  • die Umbenennung des Golfs von Mexiko in den „Golf von Amerika“
  • die Abschaffung von Geschlechtsbezeichnungen im öffentlichen Raum abseits der Identifikation von Mann und Frau
  • Ausrufung eines Energie-Katastrophenfalls und massive Steigerung von Öl- und Gasförderung
  • Wiedereinsetzen von Militärs, die aufgrund ihrer Weigerung, eine COVID-Impfung zu erhalten, aus dem Militär entlassen wurden
  • die bemannte Erkundung des Planeten Mars durch die USA

Darüber hinaus hat Trump am selben Tag, an dem er an noch weiteren Veranstaltungen auftrat, weitere Executive Orders unterzeichnet – diese präsidentiellen Dekrete können erst durch ein folgendes Staatsoberhaupt rückgängig gemacht werden. So soll zum Beispiel das Geburtsrecht auf die US-Staatsbürgerschaft abgeschafft werden – ein Dekret, gegen das bereits viele Bundesstaaten Widerstand angekündigt haben. Des Weiteren tritt die USA unter Trump erneut aus dem Pariser Klimaabkommen sowie der Weltgesundheitsorganisation WHO aus. Und Trump will ein KI-Projekt namens „Stargate“ auf den Weg bringen, um die USA in Sachen Künstlicher Intelligenz wieder an die Weltspitze zu bringen. Letzteres übrigens ohne Elon Musk, welches dieser auf seinem Propaganda-Kanal X (früher Twitter) gleich auch kritisierte beziehungsweise die Finanzierungsoptionen anzweifelte – es bleibt hier diese geringe Hoffnung, dass der Leiter der neu eingerichteten Verwaltungseffizienz-Behörde (DOGE) sich mit seinem Präsidenten noch vor den Midterms so zerstreiten wird, dass die beiden Alpha-Männchen getrennter Wege gehen werden.

Aktuell befinden sich Trump und sein Team aber voll im Siegesrausch über ein demokratisches Amerika, das sie nun erstmal, mit der Mehrheit im Kongress und im Supreme Court, nach ihren Vorstellungen umzubauen gedenken. Insgesamt kamen die ersten Stunden von Trumps Präsidentschaft eher einer verlängerten Wahlkampfveranstaltung gleich. Sie zeigten, welch politischer Diskurs jetzt in den USA herrschen wird. Polemik, Law and Order, Isolationismus und offene Drohung. Während Trump in seiner ersten Amtszeit noch von republikanischen Politik-Profis und Diplomaten umgeben war, hat sich seine Partei in den letzten acht Jahren zu einer populistischen Ja-Sager-Partei unter Trump zurechtgestutzt, sodass jetzt nur noch handverlesene Loyalisten im Kabinett und im Kongress sitzen. Am Obersten Gerichtshof sind sechs der neun Richter*innen dem Trump-Lager zuzuordnen. Und was der neue alte Präsident mit Kritikern macht, sieht man an ehemaligen Weggefährten wie Ex-Berater John Bolton und dem früheren Außenminister Mike Pompeo: Beiden hat er bereits den Personenschutz durch den Secret Service entzogen – ungeachtet dessen, dass Pompeo offen vom Iran bedroht wird.
Nicht nur wird diese Amtszeit zur Zerreißprobe der politischen Kultur, sondern auch gesellschaftlich von weiterer Spaltung begleitet werden. Die „Vereinigung“ und „Friedensstiftung“, die Trump in seiner Antrittsrede ankündigt, sind nichts Anderes als eine Aufforderung zur Unterwerfung an seine politischen Gegner und Gegnerinnen. Seine despotischen, protofaschistischen Äußerungen und imperialen Träume muss er nun nicht mehr in Interviews bei FOX oder auf seinem eigenen Social-Media-Kanal Truth Social verbreiten, sondern kann sie ungeschont als US-Präsident in die Kameras der Welt hinausrufen. Fehlt eigentlich nur noch der Hitlergruß – ach nein, den hat Elon Musk ja am selben Tag gleich nachgeliefert. Diese weißen Männer (es sind fast nur solche) werden den gesellschaftlichen Alltag, von der Arbeit über die Bildung bis zum sozialen Zusammenleben, derartig prägen, dass die US-Gesellschaft sich im wahrsten Sinne des Wortes extrem wandeln wird.

Es ist wahrlich das Dilemma der Demokratie, dass sie in solchen kritischen Zeiten, wo ihre Selbstwirksamkeit an den Sollbruchstellen des Populismus und der Demagogie zu zerbrechen droht, ungläubig am Seitenrand steht und einem solchen Mann das wichtigste politische Amt der Welt überlässt. Wehrhaft sieht das nicht aus. Die Gesichter der ehemaligen Vertreter der Regierungsmacht – Biden, Clinton, Obama, Harris – wirken verzweifelt und gefasst zugleich. Sie allein können vielleicht wirklich abschätzen, was da jetzt auf uns zukommt. Selbst wenn Trump in seiner Amtszeit mit vielen seiner Vorhaben an der politischen und juristischen Realität scheitern könnte, selbst wenn er vielleicht nur ein Drittel dessen umgesetzt bekommt, wird sich die USA, und in ihrer politischen Strahlkraft die Welt um sie herum massiv verändern.

Das Zeitalter der sich zwar immer wieder irrenden, scheiternden, streitenden und auch fatal fehlentscheidenden Demokratien, die aber im Kern Menschenrechte und Gleichberechtigung in die Welt tragen wollten, ist zu Ende. Das Zeitalter der Oligarchie, des Populismus und des Neo-Imperialismus hat begonnen. Denn vergessen wir eines nicht: Trump ist kein Teufel, kein Dämon, den es nur auszutreiben gilt, damit die Welt wieder Frieden haben wird. Trump ist nicht im luftleeren Raum entstanden. Es ist sein Typus Mensch, der sich mehr und mehr in der Unaufmerksamkeit und Selbstzufriedenheit der Demokratien entwickeln konnte. Diese Art Menschen versammeln sich gerade um die Machtzentren der wichtigsten und einflussreichsten Demokratien der Welt, in den USA ebenso wie hier in Europa. Es wird eine Zeit nach Trump geben, aber mit großer Wahrscheinlichkeit keine Zeit, in der sein politischer und gesellschaftlicher Einfluss wieder aus der Welt verschwinden wird. Der Geist ist aus der Flasche, und die Welt wird das trumpsche Miasma tief einsaugen.
Und unsere Mienen ob der Wirkung versteinern.

Andreas Klöpping

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